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Minister Sven Schulze: „Intel kommt genau zum richtigen Zeitpunkt.“

Interviewausschnitt Handelsblatt - Streitgespräch über Intel-​Ansiedlung Magdeburg mit Minister Sven Schulze und IWH-​Präsident Reint Gropp

Minister Sven Schulze: „Intel kommt genau zum richtigen Zeitpunkt.“

Der amerikanische Chiphersteller Intel rechnet für sein geplantes Werk in Magdeburg mit höheren Kosten. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze plädiert für höhere Subventionen. „Wir haben die Chance, ein ganzes Ökosystem für Innovationen aufzubauen". IWH-Präsident Reint Gropp ist dagegen. Ein Streitgespräch. (Interviewausschnitt aus dem Handelsblatt vom 01.06.2023)

Herr Schulze, warum sollte der deutsche Steuerzahler einen US-Großkonzern mit Subventionen in Höhe von einer Million Euro pro Arbeitsplatz fördern?

Schulze: Das ist doch eine falsche Rechnung. Es ist entscheidend, überhaupt solche Ansiedlungen nach Europa zu holen. Die EU-Kommission hat ein klares Ziel ausgegeben: 20 Prozent der Chipherstellung soll in Europa stattfinden. Aktuell sind wir bei acht Prozent. Das heißt, wir müssen dringend etwas tun. Außerdem kommen durch jeden Arbeitsplatz bei Intel fünf bis sechs weitere Jobs bei Zulieferern und Unternehmen in der Region hinzu.

Herr Gropp, haben Sie falsch gerechnet? Die eine Million pro Arbeitsplatz stammt ja von Ihnen.

Gropp: Nein. Die Rechnung illustriert wunderbar das Problem. Herr Schulze stellt immerhin die richtige Frage: Bekommt die Region aus einem Euro, den wir Intel geben, mehr als einen Euro heraus? Dann wäre die Subvention zu rechtfertigen.

Inwiefern?

Gropp: Es gibt die Fälle, in denen ein Euro Förderung einer Region mehr einbringt als einen Euro, wenn auch nicht das Fünf- oder Sechsfache, sondern eher das  Anderthalbfache. Aber das passiert in Gegenden, wo schon viele andere Fabriken aus der Branche angesiedelt sind und sich Synergien ergeben. Für Magdeburg gilt genau das Gegenteil: Dort gibt es bisher keine Elektroindustrie. Deshalb wird es in Magdeburg diese Multiplikatoreffekte wohl eher nicht geben.

Schulze: Warum hat sich Intel aber dann Ihrer Meinung nach überhaupt für Magdeburg entschieden?

Gropp: Na, weil sie dort sieben oder zehn Milliarden Euro vom Bund kriegen und es viel Platz und billiges Land gibt. Es spricht gar nicht unbedingt etwas dagegen, Subventionen für eine Ansiedlung in Magdeburg zu zahlen. Aber es wäre doch viel besser, man würde dort ein Intel-Forschungszentrum aufbauen als eine Fabrik.

Schulze: Es ist gut, dass wir dieses Gespräch führen. Dann kann ich bei Herrn Gropp mal mit ein paar Falschinformationen aufräumen. Die finanziellen Unterstützungen wären genauso nach München, Dresden oder sonst wo in Deutschland geflossen. Die kommen vom Bund. Und es mag aktuell vielleicht nicht viele weitere Unternehmen aus der Branche in Magdeburg geben. Aber wir haben große Flächen, sodass Zulieferer sich gleich mitansiedeln können. Es wird also nicht nur ein Intel-Werk entstehen, sondern einiges mehr.

Herr Gropp, ist die Ansiedlung von Intel nicht auch entscheidend, um Europa nach dem Ukraine-Krieg bei Schlüsseltechnologien unabhängiger aufzustellen?

Gropp: Ich verstehe die geopolitischen Herausforderungen. Aber wir können noch so viele Intel-Werke hier bauen, wir bleiben abhängig von China. Denn dort kommt ein Großteil der für Chips notwendigen Metalle und seltenen Erden her. Mit Subventionen verlagern wir nur die Abhängigkeit auf eine andere Produktionsstufe. Außerdem gibt es so viele verschiedene Chips, da können wir gar nicht alle Fabriken hier haben. Die deutsche Wirtschaft wird also immer von ausländischen Chip-Herstellern abhängig sein.

Schulze: Das glaube ich nicht. Mit jedem Arbeitsschritt weniger in Asien machen wir uns weniger abhängig. Und Sie müssen das Gesamtpaket sehen. Es entstehen viele Arbeitsplätze in Magdeburg. […] Wir haben in Sachsen-Anhalt viele gut qualifizierte Beschäftigte in Branchen, die vor einem Umbruch stehen, beispielsweise bei den Automobilzulieferern. Mit dem Rückgang des Verbrenners werden diese Beschäftigten neue Arbeitsplätze brauchen. Da kommt Intel doch genau zum richtigen Zeitpunkt.

Das komplette Streitgespräch aus dem Handelsblatt finden Sie hier.

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